Autor: Joseph Jacobs
Es war einmal ...
... eine arme Witwe, die hatte einen Sohn mit dem Namen Hans und eine Kuh, die Milchweiß hieß. Beide hatten nichts als die Milch der Kuh, um ihr Leben zu fristen. Jeden Morgen trugen sie die Milch zum Markt und verkauften sie. Aber eines Tages gab Milchweiß keine Milch mehr und da wussten sie nicht mehr, was sie tun sollten.
klagte die Witwe.
sagte Hans.
sagte die Mutter,
sagte Hans,
Das seltsame Männlein
Hans band die Kuh an einen Strick und ging mit ihr fort. Auf dem Weg zum Markt begegnete ihm ein seltsames altes Männlein, das sagte zu ihm:
sagte Hans und wunderte sich, woher ihn das Männlein kannte.
fragte das Männlein.
sagte das Männlein.
sagte Hans hurtig.
sagte das Männlein,
Und darauf zog es aus seiner Tasche eine Handvoll seltsam aussehender Bohnen.
sagte es,
sagte Hans.
sagte der Mann.
fragt Hans.
sagt Hans und gibt ihm den Strick mit der Kuh und steckt die Bohnen in die Tasche.
Hans geht nun heimwärts, und weil er noch nicht weit gewesen ist, kommt er gerade nach Haus, bevor es dunkel wird.
sagt die Mutter.
sagt Hans.
ruft da die Mutter,
Traurig stieg Hans in sein Dachkämmerlein. Es tat ihm leid, dass seine Muffer so böse war und er nun hungrig zu Bett gehen musste. Endlich schlief er ein.
Die Bohnenranke
Als Hans am nächsten Morgen erwachte, da schaute es in seiner Kammer ganz sonderbar aus. Die Sonne schien hell in eine Ecke, alles andre aber war dunkel und schattig. Hans hüpfte aus dem Bett und lief zum Fenster. Und was glaubt ihr, was er da sah? Ja, die Bohnen, die seine Mutter zum Fenster hinausgeworfen hatte, waren aufgegangen und zu einer großen Ranke emporgeschossen, die immer höher und höher gewachsen war, bis zum Himmel hinauf. Das Männlein hatte also die Wahrheit gesprochen.
Der Bohnenstrauch rankte sich ganz nahe am Fenster von Hans vorbei. Er brauchte bloß das Fenster zu öffnen und einen kleinen Schritt auf die Bohnenranke zu machen, die wie eine große Leiter zum Himmel ragte. Hans kletterte also, er kletterte, kletterte, kletterte und kletterte, bis er endlich am Himmel anlangte. Und als er hineinging, da war eine lange und breite Straße, die führte kerzengerade fort. Hans wanderte die Straße, und er wanderte, wanderte und wanderte, bis er zu einem großen, großen Haus kam, an dessen Türschwelle eine große, große Frau stand.
sagt Hans, so höflich er kann.
Denn er hatte noch nichts gegessen und, wie ihr wisst, auch kein Abendbrot bekommen, und er war hungrig wie ein Wolf.
sagt die große, große Frau.
Nun, die Frau des Riesen war nicht halb so schlecht, wie es schien. Sie führte Hans in die Küche und gab ihm eine große Scheibe Brot und Käse und einen Krug Milch. Hans hatte aber noch nicht aufgegessen, als schon- top! Tap! Tap! - das ganze Haus zu dröhnen begann von dem Lärm, den der Riese bei seinem Kommen machte.
rief die Frau des Riesen.
Gold
Und wie ein Bündel schob sie Hans in den Ofen, gerade bevor der Riese hereinkam. Es war ein großer Riese, das könnt ihr mir glauben. An seinem Gürtel hatte er drei Kälber an den Beinen festgebunden. Er band sie los, warf sie auf den Tisch und sagte:
sagte die Frau,
Da ging der Riese hinaus, und Hans wollte gleich aus dem Ofen springen und fortlaufen, aber die Frau sagte zu ihm:
Nun, der Riese verzehrte sein Frühstück, und hernach geht er zu einer großen Kiste, nimmt ein paar Beute! Gold heraus, setzt sich nieder und zählt und zählt, bis endlich sein Kopf zu nicken beginnt. Und dann fängt er an zu schnarchen, dass das ganze Haus wackelt.
Da kroch Hans auf den Zehenspitzen aus dem Ofen heraus, und als er beim Riesen vorbeiging, nahm er einen Beute Gold unter seinen Arm und rannte, so schnell ihn nur seine Füße trugen, bis er zur Bohnenranke kam. Er warf den Beutel Gold hinunter, der, versteht sich, in Mutters Garten fiel, und dann kletterte er abwärts, immer abwärts, bis er wieder bei seinem Fenster anlangte. Er erzählte alles seiner Mutter, zeigte ihr das Gold im Beutel und sagte:
Nun lebten sie eine schöne Zeitlang von dem Gold im Beutel. Aber einmal nahm das auch ein Ende, und Hans beschloss, noch einmal sein Glück mit der Bohnenranke zu versuchen. Eines schönen Morgens stand er zeitig auf und kletterte die Bohnenranke hinauf. Und er kletterte, kletterte, kletterte und kletterte, bis er wieder zu der Straße kam und zu dem großen, großen Haus. in dem er gewesen war. Und richtig, da stand auch wieder die große, große Frau auf der Türschwelle.
sagte Hans, so kühn er nur konnte,
sagte die große, große Frau,
sagte Hans.
Nun, die große, große Frau war so neugierig, dass sie den Buben ins Haus hineinließ und ihm etwas zu essen gab. Kaum aber hatte er mit dem Essen begonnen, als sie - tap! tap! tap! - die Schritte des Riesen hörten. Und die Frau versteckte Hans wieder in dem Ofen.
Henne
Nun war alles wieder so wie das erste Mal. Der Riese kam herein, sagte:
und bekam drei geröstete Ochsen zum Frühstück. Dann sagte er:
Da brachte die Frau die Henne, und der Riese sagte:
und die Henne legte ein Ei, das war ganz aus Gold. Und dann begann der Riese einzunicken und zu schnarchen, dass das ganze Haus wackelte.
Da kroch Hans auf den Zehenspitzen aus dem Ofen, packte die Henne und rannte, so schnell ihn seine Beine trugen. Aber auf einmal gackerte die Henne, und der Riese wachte auf, und gerade als Hans zum Haus hinauslief, hörte er ihn rufen:
Und die Frau sagte:
Das war alles, was Hans noch hörte, denn er eilte fort zur Bohnenranke und kletterte so schnell hinunter, als ob zehn Teufel hinter ihm her wären. Als er heimkam, zeigte er seiner Mutter die Wunderhenne und sagte:
Und die Henne legte ein goldenes Ei, sooft er es sagte.
Aber Hans war noch immer nicht zufrieden, und nicht lange, so beschloss er, wieder sein Glück mit der Bohnenranke zu versuchen Eines schönen Morgens stand er zeitig auf, ging zur Bohnenranke, und er kletterte, kletterte, kletterte und kletterte, bis er ganz oben war und wieder zu der Straße kam.
Diesmal aber war er klüger und ging nicht geradewegs in das Haus des Riesen. Er versteckte sich in der Nähe hinter einem Busch und wartete, bis die Frau des Riesen herauskam und mit einem Kübel zum Brunnen ging. Da schlüpfte Hans ins Haus und kroch in einen großen Kupferkessel. Bald darauf hörte er, genauso wie früher tap! tap! tap! -, und der Riese und seine Frau kamen herein.
Harfe
rief der Riese. Und seine Frau sagte:
Und beide stürzten zum Ofen, aber zum Glück war Hans nicht dort. Und die Frau des Riesen sagte:
So setzte sich der Riese wieder zum Frühstück hin, aber alle Augenblicke murmelte er:
Und erstand auf und suchte in der Speisekammer, in den Schränken, überall. Zum Glück aber dachte er nicht an den Kupferkessel.
Als er mit dem Frühstück fertig war, rief er:
Da brachte ihm die Frau die Harfe, und er stellte sie vor sich hin auf den Tisch. Dann sagte er:
Und die goldene Harfe fing an, wunderbar zu singen. Und sie sang und sang, bis der Riese fest eingeschlafen war und zu schnarchen anhub, dass das ganze Haus zitterte.
Da hob Hans den Deckel des Kupferkessels auf, ganz vorsichtig, schlüpfte hinaus wie eine Maus und kroch auf Händen und Füßen zum Tisch hin, packte die goldene Harfe und eilte zur Tür.
Aber da rief die Harfe ganz laut:
Und der Riese erwachte gerade noch rechtzeitig, um Hans mit der Harfe aus dem Haus laufen zu sehen.
Hans lief, so schnell er konnte, der Riese ihm nach, und der hätte ihn auch bald eingeholt, aber Hans lief kreuz und quer, um den Riesen zu täuschen. Als er zu der Bohnenranke kam, war der Riese nur noch zehn Schritte hinter ihm. Plötzlich aber verschwand Hans, und als der Riese ans Ende der Straße kam, sah er ihn die Bohnenranke hinunterklettern.
Nun, der Riese wollte sich einer solchen Leiter nicht anvertrauen, so stand er und wartete. Dadurch bekam Hans einen größeren Vorsprung. Aber in diesem Augenblick rief die Harfe wieder:
Da schwang sich der Riese auf die Bohnenranke, die unter seinem Gewicht gewaltig schaukelte. Immer tiefer kletterte Hans, er kletterte, kletterte und kletterte, und hinter ihm der Riese. Schon war Hans ganz nahe seinem Haus, da rief er:
Ende gut ...
Und seine Mutter stürzte heraus mit einer Axt in der Hand. Aber als sie zu der Bohnenranke kam, blieb sie stocksteif stehen vor Schreck, denn sie sah gerade den Riesen mit seinen Beinen durch die Wolkendecke kommen.
Hans aber war mit einem Satz unten, ergriff die Axt, und mit einem Hieb spaltete er die Bohnenranke bis zur Hälfte. Der Riese spürte, wie die Bohnenranke schwankte und bebte, und er hielt inne, um nachzusehen, was los wäre. Als er sah, dass Hans die Bohnenranke fällen wollte, fing er an, wieder zurück in die Wolken zu klettern. Gerade als er verschwunden war, Hieb Hans erneut zu und die Bohnenranke fiel in sich zusammen, so dass der Riese nicht mehr auf die Erde konnte.
Dann zeigte Hans seiner Mutter die goldene Harfe. Und von dem Gesang der Harfe und von den goldenen Eiern, die sie verkauften, wurden Hans und seine Mutter sehr reich. Hans heiratete eine schöne Prinzessin, und sie lebten glücklich bis an ihr Ende.