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Märchen lesen und erleben
Märchen lesen und erleben

Der Froschkönig

Es war einmal ...

In den alten Zeiten, da, wo das Wünschen noch geholfen hat, da lebte ein König. Dieser König hatte drei wunderschöne Töchter. Doch die jüngste von ihnen war die Schönste. Sie war so schön, dass selbst die Sonne, die doch schon so vieles gesehen hat, sich jedes mal wunderte, wenn sie dem Mädchen ins Gesicht schien.

Nahe des Königs Schlosse lag ein großer dunkler Wald. Und in diesem Walde, unter einer alten Linde gab es einen Brunnen. An besonders schönen Tagen, wenn es sehr heiß war, ging die Königstochter hinaus in den Wald und setzte sich an den Rand des kühlen Brunnens. Wwenn sie Langeweile hatte, so holte sie ihre goldene Kugel hervor, warf sie in die Höhe und fing sie wieder auf. Und das war ihr liebstes Spielwerk.

Nun trug es sich einmal zu, dass die goldene Kugel nicht in ihr Händchen fiel, sondern vorbei auf die Erde schlug und geradezu ins Wasser hinein rollte. Die Königstochter folgte ihr mit den Augen nach, aber die Kugel verschwand, und der Brunnen war tief, so tief, dass man keinen Grund sah. Da fing sie an zu weinen und weinte immer lauter und konnte sich gar nicht trösten. Und wie sie so klagte, rief ihr jemand zu:

Unerwartete Hilfe

"Was hast du vor, Königstochter? Du schreist ja, dass sich ein Stein erbarmen möchte."

Sie sah sich um, woher die Stimme käme, da erblickte sie einen Frosch, der seinen dicken häßlichen Kopf aus dem Wasser streckte.

„Ach, du bists, alter Wasserpatscher,“

sagte sie,

„Ich weine über meine goldene Kugel, die mir in den Brunnen hinab gefallen ist.“
„Sei still und weine nicht,“

antwortete der Frosch.

„Ich kann dir wohl helfen, aber was gibst du mir, wenn ich deine goldene Kugel wieder heraufhole?“
„Was du haben willst, lieber Frosch,“

sagte sie,

„meine Kleider, meine Perlen und Edelsteine, auch noch die goldene Krone, die ich trage.“

Der Frosch antwortete:

„Deine Kleider, deine Perlen und Edelsteine, und deine goldene Krone, die mag ich nicht. Aber wenn du mich lieb haben willst, und ich soll dein Geselle und Spielkamerad sein, an deinem Tischlein neben dir sitzen, von deinem goldenen Tellerlein essen, aus deinem Becherlein trinken, in deinem Bettlein schlafen: wenn du mir das versprichst, so will ich hinunter steigen und dir die goldene Kugel wieder herauf holen.“

Ein unbedachtes Versprechen

„Ach ja,“

sagte sie,

„ich verspreche dir alles, was du willst, wenn du mir nur die Kugel wieder bringst.“

Sie dachte aber:

„Was der einfältige Frosch sich denkt! Der sitzt im Wasser bei seines Gleichen und quackt, und kann keines Menschen Geselle sein.“

Der Frosch, als er die Zusage erhalten hatte, tauchte seinen Kopf unter, sank hinab und über ein Weilchen kam er wieder herauf gerudert, hatte die Kugel im Maul und warf sie ins Gras. Die Königstochter war voll Freude, als sie ihr schönes Spielwerk wieder erblickte, hob es auf und sprang damit fort.

„Warte, warte,“

rief der Frosch,

„nimm mich mit, ich kann nicht so laufen wie du.“

Aber was half ihm daß er ihr sein quack quack so laut nachschrie als er konnte! sie hörte nicht darauf, eilte nach Haus und hatte bald den armen Frosch vergessen, der wieder in seinen Brunnen hinab steigen musste.

Am andern Tage, als sie mit dem König und allen Hofleuten sich zur Tafel gesetzt hatte und von ihrem goldenen Tellerlein aß, da kam, plitsch platsch, plitsch platsch, etwas die Marmortreppe herauf gekrochen, und als es oben angelangt war, klopfte es an der Tür und rief:

„Königstochter, jüngste, mach mir auf.“

Sie lief und wollte sehen wer draußen wäre, als sie aber aufmachte, so saß der Frosch davor. Da warf sie die Tür hastig zu, setzte sich wieder an den Tisch, und war ihr ganz Angst.

Der König sah wohl, dass ihr das Herz gewaltig klopfte und sprach:

„mein Kind, was fürchtest du dich, steht etwa ein Riese vor der Tür und will dich holen?“
„Ach nein,“

antwortete sie,

„es ist kein Riese, sondern ein garstiger Frosch.“
„Was will der Frosch von dir?“
„Ach lieber Vater, als ich gestern im Wald bei dem Brunnen saß und spielte, da fiel meine goldene Kugel ins Wasser. Und weil ich so weinte, hat sie der Frosch wieder heraufgeholt, und weil er es durchaus verlangte, so versprach ich ihm er sollte mein Geselle werden, ich dachte aber nimmermehr, dass er aus seinem Wasser heraus könnte. Nun ist er draußen und will zu mir herein.“

Indes klopfte es zum zweiten Mal und rief:

„Königstochter, jüngste, mach mir auf,
weißt du nicht was gestern
du zu mir gesagt
bei dem kühlen Brunnenwasser?
Königstochter, jüngste,
mach mir auf.“

Versprechen muss man halten

Da sagte der König:

„Was du versprochen hast, das musst du auch halten. Geh nur und mach ihm auf.“

Sie ging und öffnete die Türe. Der Frosch hüpfte herein und ihr immer auf dem Fuße nach, bis zu ihrem Stuhl. Da saß er und rief:

„Heb mich herauf zu dir.“

Sie zauderte bis es endlich der König befahl. Als der Frosch erst auf dem Stuhl hockte, wollte er auf den Tisch, und als er da saß, sprach er:

„Nun schieb mir dein goldenes Tellerlein näher, damit wir zusammen essen.“

Das tat sie zwar, aber man sah wohl, dass sie es nicht gerne tat. Der Frosch ließ sich es sich gut schmecken, doch ihr blieb fast jeder Bissen im Halse stecken. Endlich sprach er:

„Ich habe mich satt gegessen und bin müde. Trag mich in dein Kämmerlein und mach dein seidenes Bettlein zurecht. Wir wollen uns schlafen legen.“

Die Königstochter fing zu weinen an, denn sie fürchtete sich vor dem kalten Frosch und den sie sich nicht einmal anzurühren getraute. Und nun sollte der in ihrem schönen sauberen Bettlein schlafen?!

Der König aber ward zornig und sprach:

„Wer dir geholfen hat, als du in der Not warst, den sollst du danach nicht verachten!“

Da packte sie ihn mit zwei Fingern, trug ihn hinauf und setzte ihn in eine Ecke. Als sie aber im Bett lag, kam er gekrochen und sprach:

„Ich bin müde, ich will schlafen so gut wie du. Hebe mich hinauf, oder ich sag es deinem Vater.“

Der Froschkönig

Da wurde sie erst bitterböse, holte ihn herauf und warf ihn dann mit allen Kräften gegen die Wand,

„Nun wirst du Ruhe geben, du garstiger Frosch.“

Als er aber herab fiel, war er kein Frosch mehr, sondern ein Königssohn mit schönen und freundlichen Augen.

Der wurde nun nach ihres Vaters Willen ihr lieber Gemahl. Da erzählte er ihr seine Geschichte, dass er von einer bösen Hexe verwünscht worden war, und niemand hätte ihn aus dem Brunnen erlösen können als sie allein, und morgen wollten sie zusammen in sein Reich gehen.

Dann schliefen sie ein, und am andern Morgen, als die Sonne sie aufweckte, kam ein Wagen heran gefahren, der mit acht weißen Pferden bespannt war. Diese hatten weiße Straußfedern auf dem Kopf und gingen in goldenem Geschirr.

Der eiserne Heinrich

Hinten stand der Diener des jungen Königs, das war der treue Heinrich. Der treue Heinrich war so betrübt, als sein Herr in einen Frosch verwandelt worden war, dass er drei eiserne Bänder um sein Herz hatte legen lassen, damit es ihm nicht vor Weh und Traurigkeit zerspränge.

Der Wagen aber sollte den jungen König in sein Reich abholen. Der treue Heinrich hob beide hinein, stellte sich wieder hinten auf und war voller Freude über die Erlösung. Und als sie ein Stück Weges gefahren waren, hörte der Königssohn, dass es hinter ihm krachte, als wäre etwas zerbrochen. Da drehte er sich um und rief:

„Heinrich, der Wagen bricht.“
„Nein, Herr, der Wagen nicht,
es ist ein Band von meinem Herzen,
das da lag in großen Schmerzen,
als ihr in dem Brunnen saßt,
als ihr ein Frosch wart!“

Noch zwei Male krachte es auf dem Weg, und der Königssohn meinte immer der Wagen bräche. Aber es waren doch nur die Bande, die vom Herzen des treuen Heinrich absprangen, weil sein Herr erlöst und glücklich war.