Autor: Gebrüder Grimm
Die unmögliche Aufgabe
Es war einmal ein Müller, der war sehr arm. Er hatte aber eine sehr schöne Tochter. Und so kam es, dass er eines Tages vor den König trat und ihm sagte:
Dem König, der das Gold liebte, gefiel die Kunst gar wohl und er befahl, dass die Müllerstochter zu ihm gebracht werden sollte.
Als sie vor ihm stand, führte er sie in eine Kammer, die bis unter die Decke voll war mit Stroh. Er gab ihr Rad und Haspel,
Darauf wurde die Kammer verschlossen und sie war allein.
Da saß die arme Müllerstochter nun und wußte sich keinen Rat. Sie wußte ja gar nicht, wie man Stroh zu Gold spinnen konnte.
Ihre Angst wurde immer größer und schließlich fing sie an zu weinen.
Unerwartete Hilfe
Da ging auf einmal die Türe auf und ein kleines Männlein trat herein. Es blickte die Müllerstochter an und sprach:
antwortete das Mädchen,
Da sprach das Männlein:
sagte das Mädchen. Das Männlein willigte ein und nahm das Halsband. Es setzte sich vor das Rädchen und schnurr, schnurr, schnurr, dreimal gezogen, da war die Spule voll. Dann steckte es eine andere auf und schnurr, schnurr, schnurr, dreimal gezogen, da war auch die zweite Spule voll.
So ging es bis zum Morgen, bis alles Stroh gesponnen und alle Spulen voller Gold waren.
Als der König kam und nachsah, war er sehr erstaunt und freute er sich. Aber sein Herz wurde nur noch gieriger und er ließ die Müllerstochter in eine andere Kammer voll Stroh bringen. Diese war noch viel größer als die vorherige. Er befahl ihr, auch dies in einer Nacht zu Gold zu spinnen, wenn ihr ihr Leben lieb wäre.
Das Mädchen wußte sich nicht zu helfen und weinte wieder. Abermals ging die Türe auf und das kleine Männlein kam und sprach:
antwortete das Mädchen. Das Männchen nahm den Ring, und fing wieder an zu schnurren mit dem Rade, und hatte bis zum Morgen alles Stroh zu glänzendem Gold gesponnen.
Der König freute sich über die Maßen bei dem Anblick, war aber noch immer nicht Goldes satt, sondern ließ die Müllerstochter in eine noch größere Kammer voll Stroh bringen und sprach:
Ein verhängnisvolles Versprechen
dachte er,
Als das Mädchen allein war, kam das Männlein zum drittenmal wieder, und sprach:
antwortete das Mädchen.
dachte die Müllerstochter und wußte sich in ihrer Not nicht anders zu helfen. Also versprach sie dem Männlein, was es verlangte. Dafür spann das Männchen noch einmal das Stroh zu Gold.
Als am Morgen der König kam und alles so vorfand wie er es gewünscht hatte, hielt er Hochzeit mit ihr und die schöne Müllerstochter wurde eine Königin.
Zahltag
Ein Jahr später brachte sie ein schönes Kind zur Welt. An das Männlein dachte sie gar nicht mehr. Da trat es in ihre Kammer und sprach:
Die Königin erschrak und bot dem Männlein alle Reichtümer des Königreichs an. Nur solle es ihr das Kind lassen.
Aber das Männchen sprach:
Da fing die Königin so zu jammern und zu weinen an, dass das Männchen Mitleid mit ihr hatte. Da sprach es:
Eine letzte Chance
Nun sann die Königin die ganze Nacht über und dachte an alle Namen, die sie jemals gehört hatte. Auch schickte sie einen Boten über das Land. Der sollte sich weit und breit nach neuen Namen erkundigen.
Als am andern Tag das Männlein kam, fing sie an mit Caspar, Melchor, Balzer. Sie sagte alle Namen, die sie wußte. Aber bei jedem sprach das Männlein:
Den zweiten Tag ließ sie bei allen Leuten herumfragen und sagte dem Männlein die ungewöhnlichsten und seltsamsten Namen vor: Rippenbiest, Hammelswade oder Schnürbein. Aber es blieb dabei:
Rumpelstilzchen
Am dritten Tag kam der Bote wieder zurück und erzählte:
heute back ich, morgen brau ich,
übermorgen hol ich mir das Kind der Königin -
ach, wie gut, dass niemand weiß,
dass ich Rumpelstilzchen heiß!"
Da war die Königin überglücklich, da sie den Namen wußte. Als bald darauf das Männlein kam und sprach:
fragte sie zuerst:
schrie das Rumpelstielzchen, und stieß vor Zorn mit dem rechten Fuß so tief in die Erde daß es bis an den Leib hineinfuhr. Dann packte es in seiner Wut den linken Fuß mit beiden Händen und riß sich selbst mitten durch. Und damit ist das Märchen aus.